Querulanten im Kochtopf

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Der vielseitige Kürbis sei ein Alleskönner – ist er somit auch intelligent?

„Dumm wie Brot ist er“, schnaube ich in die Tastatur. „Wie dumm ist denn Brot?“, fragt es postwendend aus dem Facebook-Chatböxli zurück. Ist Weissbrot dümmer als Pumpernickel? Hat verschimmeltes Brot sein intellektuelles Potenzial fundamental erweitert? Wie tief ist die Seele von Lebensmitteln? Wir wissen es nicht. Muscheln kreischen, wenn man sie ins kochende Wasser wirft – darum käme mir sowas auch nie auf den Teller. Aber auch Gemüse soll ja Gefühle haben. Eine gewisse Empathie konnte beim Philodendron gar nachgewiesen werden: Verschont also die Frucht eures Philodendrons, esst im Zweifelsfall lieber den Ex. Oder vielleicht euren Chef? Der Milch wiederum kann man immerhin den Verstand eines Lemmings zugestehen – zwar sucht sie beim Erhitzen richtigerweise die Flucht zu ergreifen, jedoch nur, um sich ins nächste Verderben zu stürzen: den Putzlappen. Die emotionalen Eigenschaften von Nüssen wiederum lassen auch Laura Zurbriggen nicht kalt: „Ich liebe Wasabi-Nüsse“, lässt sie während eines Interviews verlauten. Letzteres muss sie wohl schriftlich erteilt haben, denn weiter schreibt sie: „Ich esse alles. Ich habe schon Zunge gegessen und sie war sehr lecker“.

Auch Angélique und  ich haben uns neulich mit einem charakterstarken Lebensmittel herumgeplagt:  Schwarzer Reis. „10 Minuten kochen“, stand auf der Packung, doch die renitenten Körner hatten gerade einen schlechten Tag. Vielleicht das prämenstruelle Syndrom – das Wasser färbte sich verdächtig rot. Eine geschlagene Stunde lang haben wir  auf den Riso Venere eingeredet wie auf ein krankes Pferd. Mit Prosecco haben wir  ihn gehätschelt, mit Bouillon aus der Reserve gelockt. Längst hatten die strengsten Eltern der Welt ihre Schützlinge weichgekocht, aber das Zeug in  unserem Topf blieb noch immer hart. Ja, am Ende hat er sich gar verzweifelt am Boden des Topfes festgekrallt, um nicht verzehrt zu werden. Ob es daran lag, dass wir während des Kochens aus voller Brust die 7 Söhne von Vater Abraham besangen, zuletzt in der Version mit herausgestreckter Zunge, sei mal dahingestellt. Apropos altes Testament: In der Bibel soll der Ursprung des dummen Brotes zu finden sein, und zwar im Buch der Sprüche 4, 17: „Comedunt panem impietatis – sie essen des Frevels Brot“. Der Narr wird hier als Frevler mit Brot in der Hand gezeigt. Ob er es fallen lässt, und ob die bestrichene Seite nach unten fällt, darüber schweigt sich die Bibel aus. Wobei ja gerade Murphys Law beweist, dass das Brot eben doch nicht so dumm sein kann; immerhin entgeht es so seinem barbarischen Bestimmungszweck.

Besser lief indes die Sache mit den Datteln im Speckmantel. Datteln sind ja von Natur aus etwas nachgiebiger im Naturell; weiche Schale, weicher Kern. Auch der Speck bezeugte während des Bratens sein Einfühlungsvermögen in den Reis; er verfärbte sich schwarz. Willige Apérohäppchen eignen sich denn auch prima, wenn wir nächstens eine grössere Manifestation an Bohnenstroh auf 3+ mitverfolgen: „Der Bachelor“ – mit prickelndem Prosecco und fügsamem Dip-Gemüse werden wir mitfiebern, wenn zwei Damen aus unserem Bekanntenkreis in einem Pulk von Frauen um den Sprössling von Filipo Leutenegger buhlen. Da die Sendung in Thailand gedreht wird, weichen wir vielleicht auf Poh Pia Thod aus. Dann verstehen wir auch nichts, falls sich die Frühlingsrolle beschwert. Schliesslich möchten wir nicht verpassen, wenn der Schönling die Frage aller Fragen an das junge Gemüse richtet: „Willst du in diese Rose beissen?“. En Guete!

http://www.welt.de/welt_print/kultur/article5842242/Wie-das-Brot-dumm-wurde.html
*http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Narrenattribute&oldid=62750269

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