Archiv für den Monat November 2012

Wie man ein Date verkackt.

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Bier im Ausschnitt, Schlamm an den Schuhen, Wanzen im Haus. Ich bin kampferprobt. So blieb ich auch gelassen, als mir mein Date jüngst versehentlich Wasser über den Kopf goss. Jeder hat mal einen schlechten Tag. Klar, er wirkte von Anfang an etwas linkisch, aber bin ich perfekt? Das Bier jedenfalls hielt er stets souverän in der Hand und auch das Fondue schaffte er, ohne den Tisch in Brand zu setzen.

Ein Absacker auf dem Balkon, dunkle Nebelschwaden ziehen durch die Nacht. Filigran schimmern die skelettösen Gläser im Mondlicht. Ich drehe mich um, kawumm, schon hat er den schwarzen Wodka mit Preiselbeersaft zu Boden gefegt. Bringt ihn die Kälte zum Schlottern? Nein, denn wenig später – die Fenster sind bereits geschlossen – begiesst er mein Sofa mit dem Wasser, das ich ihm gereicht hab. Parkinson hat er nicht, ist es ein unbestimmter Drang, sein Gebiet zu markieren? „Wir müssen auf 2000 Meter sein“, entfährt es ihm angesichts der Aussicht vom 10. Stock. Ob in dieser  Höhe wohl Bergsteiger anzutreffen seien, ausgehungert von ihrem langen Marsch? Er springt in die Küche, reisst einen Schrank auf, und krallt sich eine Tüte Reis. Die Körner verstreuen sich hell plingelnd über die Bodenplatten. Vorausschauend genug, nicht auch noch den Teppich mit Reis zu bepflanzen, schnappt er eine Packung Pastetlifüllung, und bringt sie mit ins Wohnzimmer – als Prophylaxe für den Fall, dass die hungrigen Alpinisten in kannibalistischer Absicht über uns herfallen sollten. Auch ein neues Glas Wasser hat er dabei; nicht lange indes, spätestens beim zweiten Schluck ist der Teppich nass. Hier Reis zu pflanzen hätte klappen können.

Nun knurrt sein Magen, er lechzt nach etwas Essbarem. Während er sich frisch macht, stelle ich einige Knabbereien bereit. Auch ich husche noch rasch ins Bad. Mein Blick fällt auf ein braunes Kügelchen, das neben dem Klo auf dem Boden liegt. Es erinnert an eine Hydrokultur. Meine einzige, liebe Pflanze, die meine Nachlässigkeit punkto Giessen mit stoischem Gleichmut erträgt, steckt ihre Wurzeln in Erde. Einer göttlichen Eingebung folgend, zupfe ich ein Klopapier, und nehme das Kügelchen auf. Die Konsistenz ist weich, es handelt sich nicht um Hydrokultur!? Ob man bei der Partnersuche erwähnen sollte, dass zielgerichtetes Defäkieren Bedingung sei? Klar, shit happens – auch ich habe dem Mann meiner Träume schon auf den Balkon gekotzt, jedenfalls hat er das gesagt, so genau weiss ich’s nicht mehr. Aber dieser Bursche hier ist stocknüchtern. Ich hab mich noch nicht erholt, da klopft es an die Türe. „Möchtest du auch etwas von dem Essen, oder kann ich anfangen?“. „Fang an“, seufze ich. Draussen erklingt ein Jauchzen: „YESSS!!!“. Ich bin mir sicher, er macht dazu die Pommesgabel. Kann ich flüchten, wo bitte ist das Fenster? Ach blöd. Ich wohne ja im 10. Stock.

Eben giesst er sich ein Glas Wasser über die Hose. Er sieht aus, als wäre er inkontinent und braucht jetzt einen Fön, mit dem er sein bestes Stück beheizt. Ein Glück, habe ich keine Kerzen angezündet. Er hätte mir die Hütte abgefackelt, hundert Pro. „Nimmst du auch etwas?“, fragt er, sein Blick ergänzt: „Bitte nicht“. Er krümelt sich die Butter in den Schritt. Um seinen Futterneid zu beruhigen, reiche ich Pouletflügeli mit Salat nach. „YESSS!!“ jubelt er. Den Mousse au chocolat lassen wir heute mal aus. Er stürzt sich auf seinen Teller wie ein Gruppe Piranhas auf eine blutige Kuh. Vor meinem geistigen Auge verschwimmt die Gestalt, wird grün und breit. Ein Troll, in meinem Wohnzimmer. Ich wünsche ihm einen Gueten, den er ja zweifelsfrei hat. Jetzt ist es amtlich: Ich bin eine Königin der Diplomatie und Selbstkontrolle. Selbst ohne Manieren und Motorik muss man erst noch neben die Schüssel zielen, ehe meine Nachsicht ein Ende findet. Und doch: Die Einen scheissen auf mich, die Anderen in meine Hütte. Was genau mache ich eigentlich falsch?? Dem mampfenden Troll fällt eben der Käse aus dem Gesicht.

Ermattet lässt er sich aufs Sofa fallen, während ich sauber mache. Der Reis liegt noch da. Nach einem Staubsauger hat sich der Mann nicht erkundigt, ebenso wenig wie nach einem Lappen. Wie ich zurückkehre, schnarcht er friedlich vor sich hin. Da kann er wenigstens keinen Schaden anrichten. Jetzt brauche brauche ich erst mal eine Zigarette. Es ist ja nicht nur ein Scheiss-Date, sondern auch eine gestorbene Hoffnung. Der Mann hat schlicht verkackt. Ich hab noch nicht zu Ende geraucht, da steht er zerknittert auf dem Balkon. Ich mach mir Sorgen, der Armleuchter könnte von der Brüstung fallen. Er blinzelt aus seinen verschlafenen Augen. „Ich geh jetzt heim“. YESSSSS!!!!

Wer will diese Hose haben?

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Wie der Guru einer Sex-Sekte lümmelt er sich in den Sessel aus Korbgeflecht, seinen muskelgestählten Körper in eine Art lila Zeltplane gehüllt, und entblösst dabei eine Reihe weisser Beisser. Ja, es ist wieder soweit: Der Bachelor bringt den Blumenhandel zum Florieren und verteilt rote Rosen. 21 Nymphen scharen sich um den Gockel. “Scheisse Monn, de Typ isch Hammer!“; man könnte sie glatt für Damen halten, in ihren eleganten Roben. Wer der Jüngling ist, an den sie verschachert werden sollen, und wie er aussieht, das erfahren sie erst vor Ort. Wären die Ladies nicht freiwillig hier in Thailand, man würde sich glatt in Anatolien wähnen.

Es brauche eine Gewerkschaft für Casting-Opfer, war neulich im 20 Minuten zu lesen. Ob dies auch für Gruppensexformate wie den Bachelor gilt, ist nicht bekannt. In der Sendung geht es schon bald ans Eingemachte, es wird gegrabscht und gefummelt – man kann nur hoffen, dass die KandidatInnen einer eingehenden Gesundheitskontrolle unterzogen wurden. Sollte unter den Mitwirkenden jemand am Pfeifferschen Drüsenfieber leiden, so trifft es spätestens in der nächsten Sendung die gesamte Gruppe. Für den Bachelor selber spielt es vielleicht keine so grosse Rolle; gegen Ende der Sendung sollte er auf jeden Fall einen Vorkoster hinzuziehen. Wer hier die Contenance bewahrt, ist aus Stein. Auch jene junge Dame, welche krampfhaft die Aura der Überlegenheit in ihre Gesichtszüge zu meisseln versucht, speit nach kurzer Zeit Gift und Galle. Die Gemüter sind erhitzt, trotzdem wird zielstrebig auf die Poleposition hingearbeitet: Schlafzimmerblick, tiefe Ausschnitte, räkelnde Posen; manche haben sich im Vorfeld schon gepimpt. Ein wie Popcorn aufgeplopptes Gesicht bleibt in der zweiten Sendung ohne Rose, zum Glück hat sie vorher noch brav ins Kabelnetz gebeichtet, was alles an ihr künstlich sei (nein, das Hüftgelenk ist es nicht). Ob die unverwechselbare Frau weiterhin durch ihre Heimatstadt Basel gehen kann, ohne Spott und Häme zu ernten? Ich glaube nicht. Vorbei sind auch die Zeiten, in denen noch höflich gefragt wurde: „Willst du diese Rose haben?“. Heute heisst es „Ich habe eine Rose für dich“, und auch sonst ist Lorenzo nicht allzu weit von der Klum entfernt.

„Alles gestellt“, heisst es. Ich bin mir nicht sicher. Zwei der Mädels kennen wir persönlich, sie geben sich in altgewohnter Manier: Geradeheraus die Eine, freundlich charmant die Andere. Eben darum sitzen wir jetzt hier, Elena und ich, mit Häppchen auf dem Tisch, das Sektglas in der Hand. Gutmenschen mutieren angesichts dieser Show vom Dr. Jekyll zum Mr. Hyde; ohne Alkohol und Geläster ist die Sache nicht zu ertragen. Trotzdem sind wir uns einig: Das Sendeformat bietet gewisse Karrierechancen im, na sagen wir, D-Promibereich, insbesondere für Damen, denen es zum Supermodel nicht gereicht und bei denen die stimmliche Qualität nur unwesentlich von der einer rostigen Giesskanne abweicht. Geistig eher defizitär scheint indes das Ansinner mancher Protagonistinnen, kraft ihrer Intelligenz zu punkten. Wobei? Bei der Eroberung eines bis eben noch fremden Mannes, dessen Lieblingsbeschäftigung im Vorzeigen seiner nackten Brust besteht? Welcher Mathematiker würde in den Boxring steigen, um für seine Andersartigkeit honoriert zu werden? Noch nicht mal fürs Fach Anatomie könnte die Medizinstudentin profitieren, es sei denn, sie möchte den Kerl sezieren. Wir sind uns uneins. Ist die Sendung ein Relikt chauvinistischer Denke, oder hätte die umgekehrte Version eine Chance? Ich glaube, es bliebe bei Piero Esteriores Kandidatur.