Wer will diese Hose haben?

Standard

Wie der Guru einer Sex-Sekte lümmelt er sich in den Sessel aus Korbgeflecht, seinen muskelgestählten Körper in eine Art lila Zeltplane gehüllt, und entblösst dabei eine Reihe weisser Beisser. Ja, es ist wieder soweit: Der Bachelor bringt den Blumenhandel zum Florieren und verteilt rote Rosen. 21 Nymphen scharen sich um den Gockel. “Scheisse Monn, de Typ isch Hammer!“; man könnte sie glatt für Damen halten, in ihren eleganten Roben. Wer der Jüngling ist, an den sie verschachert werden sollen, und wie er aussieht, das erfahren sie erst vor Ort. Wären die Ladies nicht freiwillig hier in Thailand, man würde sich glatt in Anatolien wähnen.

Es brauche eine Gewerkschaft für Casting-Opfer, war neulich im 20 Minuten zu lesen. Ob dies auch für Gruppensexformate wie den Bachelor gilt, ist nicht bekannt. In der Sendung geht es schon bald ans Eingemachte, es wird gegrabscht und gefummelt – man kann nur hoffen, dass die KandidatInnen einer eingehenden Gesundheitskontrolle unterzogen wurden. Sollte unter den Mitwirkenden jemand am Pfeifferschen Drüsenfieber leiden, so trifft es spätestens in der nächsten Sendung die gesamte Gruppe. Für den Bachelor selber spielt es vielleicht keine so grosse Rolle; gegen Ende der Sendung sollte er auf jeden Fall einen Vorkoster hinzuziehen. Wer hier die Contenance bewahrt, ist aus Stein. Auch jene junge Dame, welche krampfhaft die Aura der Überlegenheit in ihre Gesichtszüge zu meisseln versucht, speit nach kurzer Zeit Gift und Galle. Die Gemüter sind erhitzt, trotzdem wird zielstrebig auf die Poleposition hingearbeitet: Schlafzimmerblick, tiefe Ausschnitte, räkelnde Posen; manche haben sich im Vorfeld schon gepimpt. Ein wie Popcorn aufgeplopptes Gesicht bleibt in der zweiten Sendung ohne Rose, zum Glück hat sie vorher noch brav ins Kabelnetz gebeichtet, was alles an ihr künstlich sei (nein, das Hüftgelenk ist es nicht). Ob die unverwechselbare Frau weiterhin durch ihre Heimatstadt Basel gehen kann, ohne Spott und Häme zu ernten? Ich glaube nicht. Vorbei sind auch die Zeiten, in denen noch höflich gefragt wurde: „Willst du diese Rose haben?“. Heute heisst es „Ich habe eine Rose für dich“, und auch sonst ist Lorenzo nicht allzu weit von der Klum entfernt.

„Alles gestellt“, heisst es. Ich bin mir nicht sicher. Zwei der Mädels kennen wir persönlich, sie geben sich in altgewohnter Manier: Geradeheraus die Eine, freundlich charmant die Andere. Eben darum sitzen wir jetzt hier, Elena und ich, mit Häppchen auf dem Tisch, das Sektglas in der Hand. Gutmenschen mutieren angesichts dieser Show vom Dr. Jekyll zum Mr. Hyde; ohne Alkohol und Geläster ist die Sache nicht zu ertragen. Trotzdem sind wir uns einig: Das Sendeformat bietet gewisse Karrierechancen im, na sagen wir, D-Promibereich, insbesondere für Damen, denen es zum Supermodel nicht gereicht und bei denen die stimmliche Qualität nur unwesentlich von der einer rostigen Giesskanne abweicht. Geistig eher defizitär scheint indes das Ansinner mancher Protagonistinnen, kraft ihrer Intelligenz zu punkten. Wobei? Bei der Eroberung eines bis eben noch fremden Mannes, dessen Lieblingsbeschäftigung im Vorzeigen seiner nackten Brust besteht? Welcher Mathematiker würde in den Boxring steigen, um für seine Andersartigkeit honoriert zu werden? Noch nicht mal fürs Fach Anatomie könnte die Medizinstudentin profitieren, es sei denn, sie möchte den Kerl sezieren. Wir sind uns uneins. Ist die Sendung ein Relikt chauvinistischer Denke, oder hätte die umgekehrte Version eine Chance? Ich glaube, es bliebe bei Piero Esteriores Kandidatur.

Hinterlasse einen Kommentar