Das Böse ist immer und überall.

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spionNeulich ging ein Aufschrei durch die Menge. Whatsapp gehört jetzt Facebook. Bald wissen die, wieviele Lagen unser Klopapier hat und wann wir es verwenden. Unterdessen hat das Entsetzen wieder der Trägheit Platz gemacht. Trotzdem liegt man auch mir ab und an mal in den Ohren, wie gefährlich Facebook sei und dieser Blog hier sowieso. Voll böser Menschen ist die Welt, und sie wissen, wo ich in den Ferien war, mit wem ich feiere und welche Schuhe ich mir auf Zalando angesehen hab. Das ist wahr. Man weiss auch, wo ich arbeite: Das hat mein Arbeitgeber daselbst ins Netz gestellt. Man könnte mir abpassen und mir ein Stopp-Schild über die Rübe ziehen.  

Privatsphäre ist subjektiv, jeder entscheidet selbst, was er preis gibt und trägt dafür die Verantwortung. Niemand muss online sein. Aber genau jene, die am meisten darüber wettern, surfen dann durch die Profile ihrer Freunde, ohne sich zu beteiligen – am besten anonym, mit gefaktem Namen und Bild. Möchte man unter ner Burka in die Sauna, würde man per Arschtritt hinaus spediert. Die Offenheit anderer ohne eigenes Engagement zu konsumieren ist so normal wie sich Drinks spendieren zu lassen, ohne selber je einen auszugeben. Kann man machen, ist aber irgendwie n’bisserl… naja. Meine Privatsphäre liegt in etwa so blank wie Prinz Harrys Hintern in den Medien. Trotzdem hätt ich noch Steigerungspotenzial. Ich könnte über meine sexuellen Vorlieben plaudern oder mich auf dem Gipfel meiner Wut filmen. Ich würde polarisieren, die Zugriffe in die Höhe schnellen – ich könnt endlich etwas Kohle machen mit dem Social Media-Zeugs.

Der Feind lauert nicht nur online: Die Merkel kann sich noch nicht mal per Telefon ne Pizza bestellen, ohne dass die Amerikaner über den Belag Bescheid wissen. Apropos Merkel: Ich such sie auf Facebook und werde rasch fündig: Auf dem Profilbild zieht sie ein Gesicht, als hätte sie ihre Pizza mit Zitrone bestellt. Oh je. Falsches Profil. Merke: Auch jemand anders kann was über dich posten. Dann war neulich noch der Fall jenes Herrn, der sich auf Facebook freute, die Motorfahrzeugkontrolle trotz unerlaubter Distanzscheiben passiert zu haben. Ich hätte mal behauptet, das Problem ist hier nicht Social Media, sondern Asocial Friends – kurz, der Typ hat mindestens ein Arschloch unter seinen Freunden. Verräter gab es schon vor 2000 Jahren. Man lese die Bibel.

„Wenn deine politische Gesinnung bekannt ist, kriegst du vielleicht einen Job nicht“. Nun, ich bin ja kein Extremist. Etwas grün vielleicht, aber nicht mal sportlich genug, um mich im Joggeli abzuseilen. Hierzulande werden auch keine Bücher verbrannt. Das bleibt hoffentlich so, wenn alle fleissig weiter ihre Meinung äussern und damit zu einer Kultur des offenen Austauschs beitragen. Ansonsten stehen die politischen Kräfte in einem Verhältnis von etwa 50:50, das weiss man spätestens seit der letzten Abstimmung. Wer dann auf dem Land keinen Job findet, hat ja in der Stadt beste Chancen.

Ehrlich, ich habs mir zu Herzen genommen und nachgedacht. Dutroux fand seine Opfer ganz ohne Facebook, Auch Stalker gab’s lange vor den Neuen Medien. Mobbing braucht kein Internet, ein eigenes Profil schon gar nicht. Sicher, die Leser könnten meine Schwächen analysieren. Aber ich vermute, Bruce Darnell wäre kaum gross betroffen vom Vorwurf, er breche schnell in Tränen aus. Selbstbewusstsein trägt kein Pokerface. Ohnehin ist es viel reizvoller, die Schwächen jener aufzudecken, die sie zu verbergen suchen. Oder spielt jemand von euch Memory mit den Bildchen nach oben?

Das Internet birgt Gefahren, keine Frage. Die Mikrowelle tendenziell auch, trotzdem kann sie nützlich sein, solange man keine Katze reinsteckt. Mir träumt, der Mensch bräuchte es eines Tages nicht mehr, wegen jedwedem Mist über andere zu richten. Das ist Utopie, ich weiss. Ich hab aber auch echt keinen Bock, mich vor der Welt zu verschliessen, weil jeder Freund ein Feind sein könnte. Latentes Misstrauen heisst, Enttäuschungen vorweg zu nehmen, stets auf der Hut zu sein. Ich setze weiterhin auf Vertrauen. Und nenn das Freiheit.

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