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Horrorskop und Taliba äh, Talisman

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Nein, ich habe keine Angst vor schwarzen Katzen. Egal ob sie von links oder von rechts kommen. Eine solche liegt bei mir sogar im Bett – streng genommen handelt es sich um einen schwarzen Panther, und soviel ich weiss, büxt er auch nicht aus, um die Schweizer Wälder unsicher zu machen. Er ist nämlich aus Plüsch und soll mir Glück bringen. Ja, ein bisschen abergläubisch bin ich schon. So würde ich es auch nicht wagen, diesen Talisman wegzuwerfen, der mir ein Schamane in Kenia geschenkt hat. Wer weiss, wenn ich’s täte, geriete ich am Ende vielleicht in einen dieser Maikäfer-Schwärme? Amulette, Rituale, Wahrsager – sie alle verlocken damit, die unvorhersehbaren Wege des Schicksals zu steuern, ein kleines Bisschen wenigstens. So stellte neulich eine Freundin die Frage in den Raum: „Weshalb nur schmerzt die unverblümte Erkenntnis unendlich mehr als die imaginäre Illusion, dass sich alles zum Guten bewenden möge?“ Ich glaube: Weil die Hoffnung zuletzt stirbt und ein Abschied immer schmerzhaft ist – im speziellen, wenn es die Hoffnung ist, von der man sich zu verabschieden hat. Gemeinsam mit rund 3000 Schweizern jährlich den Weg nach Lourdes in Angriff nehmen (die Sendung „Puls“ hat jüngst auf SF1 darüber berichtet) oder Anfang Mai auf dem Blocksberg tanzen, mit dabei ist stets die Hoffnung – und ein gewisser körperlicher Trainingseffekt.

Obschon mich die Sache mit dem Blocksberg reizen würde, habe ich heuer auf ein anderes Pferd gesetzt. Eines mitsamt grossem Wagen: Ja, ich habe die Astrologie konsultiert. Nicht das Tageshoroskop im 20 Minuten und auch nicht jenes, welches jährlich durchs Konterfei von Elisabeth Teissier auf der Titelseite der Schweizer Illustrierten angekündigt wird (ich wundere mich Jahr für Jahr, dass die noch lebt): nein, so ein richtiges, mit Aszendent und Planeten im 1., 2. und 3. Haus – kurzum, eine ganze Überbauung voller Herzenswünsche und Zuversicht. Schon vor einem halben Jahr habe ich mir dieses Bollwerk rosafarbener Zukunftsvisionen (ich bin übrigens Skorpion mit Aszendent Löwe) berechnen lassen. Gratis notabene. Ich bin mir sicher, Mike Shiva würde sagen: „So billig ist die Zukunft eben nicht zu haben“. Den Stichtag jedenfalls habe ich mir rot im Kalender vermerkt, das Sektchen zum Feiern kühl gestellt. Was ist passiert ? Richtig: Nichts. Doch, da war etwas: „Sie neigen in dieser Zeit zu fettreichen Speisen“. Kann ich bestätigen. Ich glaube, man nennt es auch Frustessen, eine typische Reaktion auf nicht eintreffende Horoskope.

Ich brauche also was Neues. Aber was? Ein Skarabäus liegt nicht drin, ihr wisst ja, meine Phobie. Pilgerfahrten würden zumindest dem ungünstigen Einfluss der fettreichen Speisen entgegen wirken, aber wenn ich höre, dass manche auch nach dem zwanzigsten Besuch noch keine nennenswerten Erfolge zu verzeichnen haben, scheint der Return on investment zu gering. Vielleicht sollte ich doch besser ein Huhn köpfen? Dieses könnte ich hinterher mit Zitrone garnieren und zum Essen servieren, eine Win-Win-Situation quasi, also für mich, nicht für das Huhn. Oder doch der erste Zweig, welcher den Hut eines besonderen Menschen streift? Da könnte vielleicht auch noch tolles Kleid dabei rausspringen.

Immerhin, wenn die Glücksbringer nicht glücklich machen, gibt es immer noch eine gute Alternative. Auf Facebook aktiv zu sein, hiess es neulich im 20 Minuten, soll ähnliche Gefühle wie Sex auslösen. Und zwar wegen der Selbstoffenbarung, die man auf diesem Medium betreibt. Die aktiviert das Belohnungszentrum. Ich wette, ein Blog funktioniert ähnlich. Der Gruppensex der Neuzeit. Danke, liebe LeserInnen, für diese geile Erfahrung. Muss das jetzt grad noch schnell auf Facebook posten. Ich hab euch alle lieb.

http://www.kirchenweb.at/kochrezepte/haehnchen/

http://www.puls.sf.tv/Nachrichten/Archiv/2012/05/07/Gesundheitsthemen/Der-gruene-Zug-in-Richtung-Hoffnung