Wusstet ihr, dass ihr bezüglich eurer Sinne, auch wenn ihr von Sinnen seit, einen Präferenzkanal habt? In unserem Kulturkreis ist es häufig der visuelle. Ich für meinen Teil bin ja allen Sinnesfreuden zugewandt, dennoch habe ich jüngst der akustischen Wahrnehmung den Vorzug gegeben.
Nach 15 Jahren freudigen Raver-Daseins, vorzugsweise vor den Boxen – wo man die Musik nicht nur hört, sondern sie tief im Herzen vibrieren spürt (frei nach dem Motto: wer nicht nur hören will, soll auch fühlen) – schneide ich bei Hörtest noch immer prima ab. Ja, ich höre sogar den Teenbuzz – hab’s grad vorhin ausprobiert. Zwar dachte ich erst, jetzt hör ich ihn nimmer, aber es stellte sich heraus, dass ich bloss vergessen hab, die Boxen einzuschalten.
Trotzdem habe ich meine Tour durch die Welt der Klänge ganz von vorn begonnen: Bei Bobo. Also nicht DJ Bobo, ich bin ja keine Masochistin, sondern Bobo, der Siebenschläfer. Ein Hörspiel für Kinder. Ich habe nämlich mein 2-jähriges Patenkind Leonie gehütet. Wenn ihr jetzt denkt, ich werde den Klangbogen bald weiterspannen zu Schilderungen lautstarken Gebrülls, muss ich euch enttäuschen. Nein, wir hatten mächtig Spass. Getanzt haben wir, zu den Kinderliedern auf Leonie’s CD, und wer auf dem rutschenden Teppich dabei fast die Schraube, pardon, eine Pirouette gemacht hat, das war ich. Ein nicht enden wollendes Sortiment von Rasseln wollte ausprobiert werden, mit grossen und kleinen Glöckchen. Klappernde Bänder, die man sich ans Fussgelenk stecken konnte, schnatternde Frösche und quakende Enten, ein Eldorado an Geräuschkulissen: Erst als ich verständnislose Blicke von Leonie erntete, hab ich damit wieder aufgehört. Nachdem ich dann all die Tierstimmen im sprechenden Bilderbuch nicht nur erkannte, sondern sogar zu imitieren imstande war, wusste ich: Ich bin bereit für den Fortgeschrittenenmodus.
Also haben wir uns ins Toggenburg aufgemacht, um den Klangweg zu beschreiten. Wie gesagt, ein Name verpflichtet. Das erste Geräusch, das wir gehört haben, war das Klingeln der Kasse, als sie uns an der Talstation das Billett für eine Bahn verkauft hat, die nicht fährt. Darauf folgte auf 1400 m.ü.M. das Knirschen des Neuschnees, und wer immer hier singen möchte „Das sind nicht 20 cm“, dem sage ich: Doch, sind es! Vor lauter blendendem Weiss sind wir dann auch vom Weg abgekommen, und spätestens als wir bis über die Knie in der weissen Pracht versanken, hallte das Knirschen unserer Zähne durchs stille Tal: Wir mussten uns eingestehen, dass wir uns verirrt haben und umdrehen sollten. Zurück auf dem Weg kamen die geneigten Geräuschekundler doch noch auf ihre Kosten: Von der Melodiengampfi über Felsentöne bis hin zur Glockenbühne ratterte, knatterte und schepperte es die Tonleiter hinauf und hinunter. Ich daselbst habe die Liebe zum Treibjagdhorn entdeckt und werde mir statt eines E-Bikes vielleicht doch ein Heulvelo erwerben. Nach drei Stunden durch den Schnee stapfen bin ich jetzt aber doch etwas erschöpft – ob mir wohl irgendwer eine Klangmassage spendieren könnte?
Zum Thema Teen-Buzz:
http://de.wikipedia.org/wiki/The_Mosquito