Klamotten, Schuhe und so.

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Auf meine Frage, worüber ich denn schreiben soll, wurde mir von Tiefschürfendem abgeraten. Aus einer Reihe leicht verdaulicher Vorschläge habe ich also das Thema „hippe Schuhe und Klamotten“ ausgewählt.

„Kleider machen Leute“ heisst es, und unzählige Mode- und Stilberater verdienen ihr Geld damit, Leute zu Leuten zu machen. In einschlägigen Magazinen wird darüber sinniert, ob transparente Strümpfe noch tragbar seien, Muster kombiniert werden dürfen, oder wie lange das Haar alternder Damen zu sein hat. Extreme werden nicht geduldet, im Strassenalltag westeuropäischer Städte wird mit Blicken sanktioniert, was aus dem Rahmen fällt, der topmoderne Morphsuit ebenso wie das Kopftuch.  Während sich den Damen bei der Wahl ihrer Persönlichkeit eine breite Palette bietet, von der grauen Maus über die Esotante bis zur Modetussi,  behält der Mann den Überblick über diverse Jeansvarianten sowie Anzüge in Schwarz, Dunkelblau oder einem frischen Steingrau. Kreativität in Modefragen wird allenfalls bei mindestens stadtbekannten Protagonisten aus dem Mode- und Kunstgewerbe geduldet, ansonsten macht sich die in Ringelsocken, Tütü und neongelben Blazer Gehüllte verdächtig, dem Burghölzli entflohen zu sein – schlimmer noch , wenn ein Mann das besagte Modell austrägt, am besten auf High-Heels einher stöckelnd.

Kleider machen Leute, ja, aber nicht unbedingt jenen, der sie trägt. Sondern allenfalls auch jenen, der sie bewertet. Den zum Beispiel, der Nase rümpfend den zerlumpt gekleideten Mittzwanziger asozial schimpft, und sich selbst sozial wähnt. Oder jenen, der mit oberflächlicher Selbstgerechtigkeit die stark geschminkte, modebewusste Dame der Oberflächlichkeit bezichtigt. Den, der allen Ernstes glaubt, vom Banker in Jeans schlechter beraten zu werden, als von dessen schwitzendem, bei 30 Grad im Blazer bald kollabierendem Kollegen. Eigentlich jeden, der wegens eines Fetzen Stoffs glaubt, über einen anderen urteilen zu können, ohne je ein Wort getauscht, ohne sich für den Menschen interessiert zu haben. 

Gucci, Diesel, Manolo Blahnik – ich schrei da nicht vor Glück. Was wäre die Welt schön, könnte jeder tragen was ihm Spass macht – man würde endlich wieder beginnen, hinter die Fassade zu schauen. Ich käme übrigens in Hippie-Klamotten daher. Peace.

Eine Antwort »

  1. Zu Deinen Hippie-Klamotten und dem Peace ist mir übrigens gerade ein schönes Buch von T.C. Boyle in den Sinn gekommen: also Inhalt des Buches und Deine klamotten würden also gut passen! 🙂 Nachfolgende eine kurze Rezension über das Buch:

    „Es gibt Themen, die aufs Beste zu einem Autor passen, seinen Kenntnissen und Erfahrungen, seinen Stärken und seinem Stil. Das ist bei T.C. Boyles neuem Roman aus den Tagen der Hippies »Drop City« der Fall. Bevor er Schriftsteller wurde, war Boyle Hippie: »Zwei oder drei Jahre lang ging ich spätnachts in dunkle Bars und drückte Leute gegen die Wand, um ihnen zu erzählen, dass ich schreiben würde. Eines Tages sagte ich mir: Himmel, vielleicht sollte ich es wirklich tun!« (…) Eines der Vorbilder Boyles ist David Henry Thoreau, der größte amerikanische Naturschriftsteller. Aber Thoreau beschrieb eine zahme Natur. Seine Einsiedelei lag nur zwei Meilen vom Hause seiner Mutter entfernt. Er konnte immer mal nach Hause gehen und entspannt eine Tasse Tee mit ihr trinken. Boyle versteht es, über Trapper in Alaska zu schreiben, als habe er sich jahrelang unter ihnen aufgehalten. (…) »Ich schreibe gern Bücher mit einer ungewöhnlichen und spannenden Action, die den Leser in ihren Bann zieht«, erklärt T.C. Boyle im Interview. »Alles andere, was große Literatur noch zu leisten vermag: zu provozieren, zum Nachdenken über das eigene Leben anzuregen und Genuss an der Schönheit der Sprache zu bieten, all das ist entscheidend für eine gute Arbeit. Das Wichtigste aber ist meiner Meinung nach die Geschichte selbst. Ich glaube, einige Schriftsteller haben das aus den Augen verloren.« Nicht so T.C. Boyle. Sein Epos über Blumenkinder, deren Freiheitstraum im Eis erfriert, ist ihm überzeugend gelungen. Nur die Stärksten überleben: Diese Botschaft T.C. Boyles wirkt äußerst amerikanisch. Gut und böse sind für unser skeptisches europäisches Verständnis bei ihm vielleicht etwas zu sauber unterschieden. Aber vielleicht kann es im hohen Norden nicht anders sein, denn die unerbittliche Natur ist kein Spielplatz. Von diesem kleinen Vorbehalt einmal abgesehen, weiß Boyle auf ganzer Linie zu überzeugen. Unzählige skurrile Nebenfiguren, Schauplätze, die einem lebhaft vor Augen geführt werden: Boyle wird seinem Ruf als literarischer Entertainer von hohem Rang gerecht. »Drop City« ist ein witziger und subtiler Roman über den Niedergang der Hippie-Bewegung, ein grellbunter Bilderbogen, filmreif inszeniert und mit sarkastischem Humor erzählt.“

    Daniel Dubbe / Rheinischer Merkur / 08. Januar 2004
    http://www.tcboyle.de/pages/werke/novels/tc030110r.htm

    • Rein modetechnisch gesehen ist das natürlich raffiniert – statt den farblich abgestimmten Schuhen das inhaltlich passende Buch – am besten offensichtlich in der Handtasche platziert 🙂 Aber danke – ich schau’s mir mal an…

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