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Leicht versch(r)oben.

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Hopp in den 2er, in ner halben Stunde startet das Einführungsseminar in Tanz- und Bewegungstherapie. Ich bin spät dran und im emotionalen Ausnahmezustand. Ok, letzteres sind nicht wirklich Breaking News. So geht’s mir ab und an, übrigens immer der gleichen Geschichte wegen, man nennt das „Kontinuität“ – aber keine Bange, das soll hier keine Schreibtherapie werden.

Wann immer ich neben mir stehe, geschehen merkwürdige Dinge. Es scheint, als zögen skurille Naturelle das Obskure magnetisch an?! Eben beschliesst mein Handy spontan, einen kleinen Schwatz mit meiner Mutter aufzugleisen. Bin ich auf die Taste gekommen? Nein – sobald ich den funknagelneuen Kopfhörer in die Buchse stecke, dauert es vielleicht 15 Sekunden, ehe die Musik abbricht und mein HTC die Nummer meiner Mutter wählt. Ich lass es dann auch mal klingeln, um sicherzugehen, ob sie noch lebt, oder ob ich hier Zeuge eines paranormalen Phänomens werde. Sie ist wohlauf. Wir reden ein paar Worte, ich hänge auf – munter zeigt mein Handy sofort wieder das grüne Anrufsymbol, noch etwa zehn Mal, bis ich das Ding ganz einfach ausschalte.

Ich steige in den Bus der Linie 32. Er ist proppenvoll (es scheint, die Strecke ist wirklich reif für die neuen Doppelgelenktrolleybusse ist, die hier bald fahren). „Bitte gehen Sie von der Türe weg, ich kann sonst nicht weiterfahren“, meldet der Chauffeur. Immer mehr Leute zwängen sich in den Bus. „Piiiiep, piiiiep“. Die Türen flattern auf und zu wie Fledermäuse, die man ins Licht taucht. Es dauert eine Weile, bis sie endlich zuschnappen und sich das Schauspiel an der nächsten Haltestelle wiederholen kann. „Der nächste Bus kommt bald, es lohnt sich zu warten“, fleht der Fahrer. Vergebens. Die Leute bohren sich in den Bus. „So, ihr chönd mal ufschlüsse, da hätts no Platz“, bellt eine ältere Frau und pflügt sich wie eine Dampfwalze durch die Menge. „De gahsch halt dure“, giftelt eine Andere, das tizianrote Haar schüttelnd, „aber hör uf speutze!“. Wir sind unterwegs zur Militär-/Langstrasse. Eben sehe ich draussen den mit dem V-Ausschnitt vorbei gehen, zum fünften Mal seit ich ihn kürzlicj in meinem Blog erwähnte. Er erscheint mir meistens, wenn ich grad im Roten drehe. Ist er real? Oder verliere ich allmählich den Verstand? Der Buschauffeur bemüht sich einmal mehr, die Türe zu schliessen. „Es isch nöd s’Schaf, es isch de Hund – er lehnt z’wyt füre“. Auf dem vordersten Sitz hält ein Paar seinen kecken Dackel, der neugierig über der Haltestange zappelt. Aber wo ist das Schaf? Die Dampfwalze von vorhin muss aussteigen. „Ah jetzt wottsch wieder use“, freut sich die Tizianrote, „aber jetzt chasch warte“. Die Dampfwalze spitzt ihre Ellbogen, holt Anlauf, der Hund bellt, „ja gang, du blödi Chue“ poltert der Rotschopf, die Masse wird nach draussen gedrückt wie Senf, wenn man auf die Tube steht. Jetzt sehe ich auch das Schaf, es ist ein Hocker mit flauschigem Wollbezug.

Limmatplatz. Ich bin zu spät, das Seminar hat vor 5 Minuten begonnen. Dachte ich jedenfalls, leider ist kein Schwein da. Ich bin im falschen Gebäude, hier sind die Maltherapeuten – die Tanztherapeuten sind beim Bahnhof vorne. Das Schreibzeugs hab ich auch vergessen. Trotzdem bin ich dann irgendwann noch angekommen. Und die Stimmung? Wir haben im Seminar gestampft und gebrüllt, aus Leibeskräften. Hammer. Wenn jemand eine Stampf- und Schrei-Therapie-Gruppe gründen will, ich bin dabei.